Die Rolle der natürlichen Killerzellen (NK-Zellen)
in der Abwehr von Tumoren und der Nachweis der
NK-Zell-Aktivität zur Früherkennung maligner Tumoren
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Innovationsforum 4. und 5. Oktober 2001, Senftenberg
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Zusammenfassung |
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Neben der herkömmlichen Labordiagnostik und den Entwicklungen in den
bildgebenden Verfahren zeigen uns die
spezifischen immunologischen Labormethoden immer tiefere Einblicke in
die Immunmechanismen des Organismus. Jedem interessierten Arzt
stehen diese Labormethoden zur Verfügung. Neben der Bestimmung der
NK-Zellzahl ist auch der Nachweis der
NK-Zell-Aktivität in unserem Immunlabor möglich. Wir erhoffen uns neben
den anderen immunologischen Testverfahren (z. B. Immunstatus, Tumormarker, OET) eine frühzeitige Erfassung
des Funktionszustandes der NK-Zellen
und der Initialphase des Tumorgeschehens resp. der Erfassung der Abwehrleistung bei einer Metastasierung. Mit
diesem Test können wir eine wichtige
Aussage bezüglich der bestehenden
spezifischen Immunität bei Tumoren
vornehmen und eine Aussage über den
Einsatz immunmodulatorisch wirksamer
Medikamente machen.
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Das menschliche Immunsystem wird in ein humorales und ein zelluläres
Immunsystem unterschieden. Die humoralen Immunreaktionen
werden im Organismus durch die in B-Lymphozyten synthetisierten
Antikörper abgesichert, die zelluläre (zellvermittelte) Immunreaktion
ist die durch T-Lymphozyten bedingte Immunantwort. Die NK-Zellen
gehören zum zellulären Abwehrsystem und sind ein Lymphozyten-
Subset im Blut und in den lymphatischen Geweben. Es handelt sich
um große lymphoide Zellen mit zahlreichen zytoplasmatischen
Granula, die aufgrund ihrer Eigenschaften auch "large granular
lymphozytes" (LGL) genannt werden. Grundsätzlich sind die verschiedenen
Immunreaktionen immer aufeinander abgestimmt und
werden vielfach durch das ZNS und durch verschiedene Bereiche
des Hormonsystems moduliert.
Funktion der NK-Zellen im System der Immun- bzw. Tumorabwehr
Argumentation: Wir wissen heute, dass das Immunsystem bei Tumorerkrankungen und
insbes. in der Tumorabwehr wesentliche Funktionen besitzt. Dabei
haben die NK-Zellen bei der Bekämpfung von sich entwickelnden
Tumorzellen eine besondere Bedeutung. Es gibt sehr viele und zum
Teil widersprüchliche Aussagen in den Publikationen über die Bedeutung der
NK-Zellen bei Tumorerkrankungen, aber grundsätzlich gibt
es Übereinstimmung über die herausragende Rolle der NK-Zellen in
der Tumorabwehr.
NK-Zellen besitzen die Fähigkeit, neoplastische und auch virusinfizierte
Zellen zu erkennen und zu eliminieren. Das Abtöten durch
NK-Zellen ist weder spezifisch für bestimmte Determinanten, noch
ist es durch MHC-Moleküle (MHC = major histocompatibility complex)
eingeschränkt. Ihnen fällt die Aufgabe zu, körpereigene Zellen von
den Zellen zu trennen und zu eliminieren, die ihre MHC-Erkennungsstruktur
verloren haben. Es handelt sich dabei um Tumor- oder virusveränderte Zellen.
Die lytische Aktivität ist "natürlich", d. h. nicht
durch ein spezifisches Antigen induziert, und daher eher Bestandteil
der natürlichen Resistenz als der spezifischen Immunität. Die spezifische
Reaktion zeigt sich besonders bei der Lyse virusinfizierter
Zellen, denn nicht infizierte Zellen bleiben erhalten.
Die NK-Zellen reagieren in einer sehr frühen Phase der Tumorentstehung,
der Metastasierung, der Virusinfektion und bei Autoimmunerkrankungen.
Sie werden durch Zytokine aktiviert, die u.a. von
CD4* T-Lymphozyten gebildet werden. NK-Zellen sezernieren einige
wichtige Zytokine, die wesentlich an der Regulation, Entwicklung und
Durchsetzung der Immunantwort beteiligt sind. In der Folge übernehmen
zytotoxische T-Lymphozyten (CTL) den Hauptanteil der Abwehr.
Niedrige oder fehlende NK-Zellaktivität ist mit der Entstehung
von Tumoren bzw. progredientem Tumorwachstum assoziiert. Es ist
bekannt, dass niedrige NK-Aktivität zum Zeitpunkt der Diagnose
prognostisch bedeutsam für den Erkrankungsverlauf mit früher Metastasierung ist.
Diagnostik
Wie alle immunkompetenten Zellen tragen die NK-Zellen spezifische
Oberflächenmarker, sog. "cluster of differentiation" (CD). Mit Hilfe
der verschiedenen CD werden die Lymphozyten klassifiziert und identifiziert. Die NK-Zellen besitzen
die Marker CD16* und CD56* und
werden somit in der sog. Lymphozytendifferenzierung mit Hilfe der
Durchflußzytometrie phänotypisiert. Überlappungen mit anderen
Oberflächenmarkern sind möglich. Es kann in dem sog. Immunstatus
resp. der Lymphozytendiff. nur eine Aussage über die Anzahl der NK-
Zellen getroffen werden, die Aktivität der NK-Zellen bleibt unbekannt.
In der Diagnostik ist aber das Wissen über die Aktivität der NK-Zellen
und deren jeweiligen Funktionsfähigkeit von außerordentlicher Wichtigkeit.
Neben der phänotypischen Charakterisierung durch die genannten
Oberflächenmarker CD16 und CD56 ist eine routinemäßige Funktionsanalyse
der NK-Zellen möglich. Es wird die Fähigkeit der patienteneigenen
NK-Zellen (nach Isolierung aus dem peripheren Blut) eine
NK-sensitive Leukämiezellinie (K562) abzutöten gemessen. Den Zellen
der Zelllinie K562 fehlen MHC-Klasse I- und II-Antigene und sie sind
außerordentlich sensitiv gegenüber NK-Zellen. Mit Hilfe der
Durchflußzytometrie wird der Prozentsatz an Targetzellen, die durch die
Aktivität der patienteneigenen NK-Zellen abgetötet worden sind,
bestimmt.
Ein weiterer Test ist die Anwendung von radioaktiv markiertem
Chrom 51 zur Charakterisierung der NK-Zell-Aktivität auf die o.g.
Ziel- oder Targetzellen.
Vorstellungen über die Wirkungsweise der NK-Zellen
Die NK-Zell-vermittelte Zytotoxizität verläuft in mehreren Reaktionsschritten.
Nach einer Identifizierung der Targetzelle durch spezielle
Liganden (z. B. FAS) oder durch eine direkte Adhäsion an die Zielzelle
kommt es zum höchsten Aktivierungsgrad der NK-Zelle. Es werden
verschiedene Zytokine freigesetzt und an der Kontaktstelle der Zellen
kommt es zur Ansammlung der Granula mit nachfolgendem Einstrom
von Ca-Ionen. Jetzt wird das Zytokin Perforin freigesetzt (ein Protein
von 65 kD), das die Zerstörung der Targetzelle mit Hilfe anderer Zytotoxine
z. B. Granzyme und TNF-ß. einleitet. Gelingt es der Targetzelle
die Strukturveränderungen abzufangen, dann erfolgt keine Zerstörung
der Zielzelle.
NK-Zellen sind als einzige Lymphozyten in der Lage, sowohl
natürliche als auch antikörper-abhängige Zytotoxizität (ADCC) auszuführen.
Diese Reaktion kann die natürliche Zytotoxizität übertreffen.
Die ADCC wird besonders bei Virusinfektionen eingeleitet.
Im peripheren Blut des Menschen befinden sich etwa 5 bis 15%
der Lymphozyten als NK-Zellen, das sind etwa 30% der zytotoxischen
Zellen überhaupt. NK-Zellzahl und NK-Aktivität korrespondieren über
eine lange Zeit. Die NK-Zellzahl im peripheren Blut ist eine feste
individuelle Größe mit z.T. erheblichen interindividuellen Abweichungen.
Die Anzahl der NK-Zellen unterliegt einer erheblichen Tagesrhythmik
(s. Abb.). Sie wird durch zahlreiche Faktoren wie körperliche Aktivität,
Streßsituation, Infektionen und entzündliche Reaktionen
beeinflußt. Nach Virusinfektionen kommt es innerhalb 24 Stunden
zum schnellen Anstieg der NK-Zellzahl im Blut.
Therapeutische Konsequenzen
Die konventionellen onkologischen Behandlungsverfahren, wie Chemotherapie,
Chirurgie und Strahlentherapie haben nur bei wenigen
Tumorerkrankungen echte Heilungserfolge gebracht. Die Nebenwirkungen
und die Kosten dieser Standardmethoden sind teilweise erheblich.
Viele onkologisch tätige Kollegen waren daher bemüht, auch
therapeutisch neue Wege zu gehen. Ziel ist im allgemeinen die Steigerung
der individuellen Abwehrleistung durch Immunmodulatoren
wie Zytokine resp. Interleukine, Interferone, Mistellektine, exogene
Peptide, Vitamine, Antioxydantien, Bakterienlysate.
Durch eine gezielte Anwendung solcher Präparate, bei vorheriger
Kontrolle des Immunsystems (mindestens Blutbild und
Lymphozytendifferenzierung) kann die Aktivierung der zytotoxischen T-Zellen und
der NK-Zellen erheblich beeinflußt werden.
Bisher ist die Methode der "lymphokinaktivierten Killerzellen"
(LAK-Zetten) am bekanntesten. Es werden aus dem Blut entnommene
NK-Zellen mit IL-2 aktiviert und dem Patienten, reinfundiert. Der
Erfolg dieser Methode hatte bisher noch nicht den erhofften Effekt.
Es ist noch viel Forschungsarbeit zur direkten Immuntherapie eines
Tumors erforderlich. Bisher können wir das Immunsystem, die
körpereigene Abwehrleistung stärken bzw. aktivieren und unterstützen,
können aber noch nicht die gezielte individuelle immunologische
Tumortherapie durchführen.
Tagesrhythmik der NK-Zellen im peripheren Blut (nach Bieger)
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Schematische Darstellung der NK-Zelle und ihre Interaktion mit einer
Targetzelle (Zielzelle)
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Erkennung der Targetzelle über "killer cell inhibitory receptors" (KIR)
oder durch MHC (I) bzw. durch aberrante Peptide. Adhesionsmoleküle
verstärken den Kontakt zwischen NK-Zellen und Zielzellen und aktivieren
die Zytolyse. Bestimmte Rezeptoren (CD16, spez. IgG) vermitteln die
ADCC. Aktivierte NK-Zellen exprimieren Fas-Liganden (Fasi), der über die
Bindung an Fas (CD95) auf der Targetzelle Apoptose induziert. Die NK-
Zellen enthalten im Zytoplasma spez. Granula, die Perforin und Granzyme
und werden zu "large granulär lymphocytes" (LGL). Nach Bindung an
die Zielzelle wandern die Granula zur Bindungszone und fusionieren mit
der Zellmembran und setzen den Inhalt frei. Perforin bildet unter Ca2+_
Einfluss Polymere, die sich zu Poren in der Zellmembran der Targetzelle
formieren. Durch diese strömen Flüssigkeit (Schwellung, Nekrose) und
Granzyme ein. Die aktivierte NK-Zelle sezerniert weiterhin eine Vielzahl
effektorischer (γ-IFN, α-TNF, ß-TNF) und regulatorischer (IL-6, IL-1, IL-
2, GM-CSF, TGF-...) Zytokine. (nach Bieger, verändert)